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Slums.

Tag 4 - 11.04.

Was wir gestern sahen, können wir nur schwer in Worte fassen. Egal was wir sagen, egal was man auf einem Bild sieht, nichts wird der Lebensrealität dieser Menschen wirklich gerecht. Christian warnte uns, dass wir bis jetzt Luxus erlebt hätten und dieser Tag ganz anders werden würde. Auch mit unserem Versuch, uns innerlich darauf vorzubereiten und uns mit dem Wissen zu wappnen, dass wir an einem Tag nicht alles dort verändern würden, konnte uns nichts auf den Anblick von kleinen Kindern vorbereiten, die uns mit hoffnungslosen Augen inmitten eines Ortes anblicken, der diese Hoffnungslosigkeit absolut begründet. 

 

Der Tag begann, als wir mittags zu dem ca. 25 Minuten von Sliven entfernten Roma Slum in Dragodanovo aufbrachen. Die Fahrt führte uns durch eine wunderschöne Landschaft, gesäumt vom Gebirge links, über gute Straßen immer wieder vorbei an kleinen Ortschaften. In Dragodanovo angekommen, passierten wir ein größeres Gebäude. Christian erklärte uns, dass es ein Waisenhaus für blinde Kinder sei. Bulgarische Kinder, versteht sich, denn Roma Kinder werden wie auch in den Schulen nicht angenommen. Mangelnde Bildung und eine sich damit verfestigende Armut ist in manchen Ländern sicherlich auch kulturell und von der Herkunft bedingt, hier in Bulgarien ist sie allerdings definitiv ein strukturelles Problem und von der Mehrheit der Bulgaren toleriert und die zu Grunde liegende Abgrenzung gewollt.

 

Eine Art Feldweg führte uns schließlich an den Rand der Stadt, wo sich eine mit Tierknochen, Müll und Kot übersäte Wiese erstreckte. Rechts vom Feldweg sahen wir niedrige Häuser, die aus Stein und Holz gebaut worden waren und teilweise mit einer Art Heu-Lehm Mischung zusammengehalten wurden. 2.000 Roma leben hier in ärmlichsten Verhältnissen in diesen Slums, ohne Kanalisation oder Sanitäranlagen inklusive einer daraus resultierenden fehlenden Hygiene, die man den Menschen auch ansah. Wir folgten Christian zwischen den Häusern hindurch, vorbei an den Bewohnern der Häuser und ein paar Hunden zu einem kleinen Haus mit einem Kreuz über der Tür: die Kirche der Siedlung. Christian erklärte uns, dass die Roma vor 2019 große Probleme mit ihren Nieren und ihren Mägen hatten, weil sie nur verschmutztes Wasser tranken. Durch seinen Einsatz kamen Ärzte in die Siedlung und behandelten die Menschen, zudem sorgte er für einen Brunnen mit elektrischer Pumpe und Filtersystem, das den Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser ermöglichte. Seitdem waren die Menschen zumindest von diesen Beschwerden befreit.

 

Wir betraten die Kirche, ein winziges Haus, eigentlich sogar nur ein ca. 3m x 6m kleiner überdachter Raum. Der Pastor der Kirche erklärte uns, dass schon einige Menschen vor Christian die Slums besucht hatten, Bilder davon gemacht hatten, wie sie ein wenig Essen verteilten und dann nicht wieder gekommen waren, geschweige denn langfristig etwas verändert hatten. Christian erklärte uns seinen Plan mit der Kirche, den er durch Covid verzögert jetzt erst umsetzen kann: mit dem Erwerb des Grundstücks auf dem Amt wird Christian nun das Gebäude abreißen und ein neues Kirchengebäude bauen lassen. Das neue Haus wird WCs und außen angebracht auch Duschkabinen haben, die die Menschen in den Slums nutzen können. Das wird die Hygiene Situation und Lebensqualität maßgeblich verbessern. 

 

Holger teilte noch einen ermutigenden Impuls und wir verließen die Siedlung. Nach einem kurzen Stopp im Hotel fuhren wir abends dann zu einem Gottesdienst in der Roma Siedlung in Yambol. Unser inzwischen vierter Gottesdienst war wieder bewegend, allerdings hatte es auch schon eine gewisse Routine für uns. Der Lobpreis war ohrenbetäubend und völlig enthusiastisch und nach einer Vorstellung von uns als Missionsteam und dem Teilen zweier kurzer Impulse von Haley und mir predigte Holger über Henoch, der als Glaubensvorbild einfach jeden Tag mit Gott lebte. Die Kirche freute sich gemessen an ihren Reaktionen sehr über die Predigt. Danach redeten wir noch kurz mit ein paar Leuten und fuhren nach einem intensiven Tag zurück ins Hotel.

- Tiras

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